Mittwoch, 22. Mai 2013

Die MTB - Ardennen Offensive 2013



Alter Mörser im Château de Franchimont

24. Ardennen Trophy 2013 - Belgische Meisterschaft MX


Es geht los...und nur jeder 3. wird ankommen!

„Le CHOC des MOLLETS, le CHIC des YEUX“

 

Die Ardennen Offensive 2013


Völker greift zu euren Stahlrössern und verteidigt mit uns die Hometrails. So kam der Hilferuf aus Belgien und schon saßen wir im Auto mit den Carbonrössern im Kofferraum Richtung Belgien. Unterwegs noch ein „Trainingslager“ in Kollerbeck eingelegt und schon wurde das Feldlager in Stockay auf den Wiesen des Spa D’Or aufgeschlagen. Am Pfingstsonntag gab es dann eine Truppenbesprechung auf den Anhöhen von La Reid und der Ausgabe des Marschplans. Aufgabe sollte sein, den Velofeind aus dem Wald zu vertreiben.

Pfingstmontag, die Offensive beginnt.


La Reid, Startbereich

Vor den Feind gut getarnt beziehen wir im Tal von La Reid im Aufmarschgebiet an der alten Kirche Stellung. Das Oberkommando erklärt uns via Lautsprecher, dass die ca. 664 Veloristen in mehreren Wellen angreifen werden. 
Hier sollten später die ersten Verletzten stehen...

Welle 1: Die belgische Rad-Kampfelite. Welle 2: Alle, die unter dem Banner des UCI kämpfen. Welle 3: Alles, was eine Rad-Kampf-Lizenz hat und danach Welle 4: Der Pöbel.

Der Morgennebel im Tal will den Himmel nicht freigeben und dort wo er ihn freigibt, sendet der Himmel die Tränen der aufkommenden Qualen in dicker Tropfenform zurück. Vorne hören wir wie Welle 1-3 unter monströsem Geschrei in die Schlacht aufbricht. Der Kampf hat begonnen. Umstehende Kameraden blicken angstvoll zu Boden,  fangen an zu beten, kontrollieren nervös ihre Ausrüstung oder schauen einfach ins Leere. Zwischendrin stehen aber auch kleine Helden und machen den anderen Mut. So soll es also sein, zusammen mit 664 Belgiern, Holländern, Franzosen, Ungaren, Italienern und einigen Deutschen Kameraden wollen wir mit Mut und Tapferkeit den Tag begehen. 

  
Entschlossenheit kennt viele Gesichter!

Vorne nimmt der Befehlshabende die Startpfeife in den Mund, angespanntes schweres Durchatmen ist zu hören, die Pedale klicken. Moni und ich geben uns ein letztes mal die Siegesfaust und dann ertönt das Pfeifen. Unter einem lauten Aufschrei schwingen wir uns auf unsere Vehikel und rollen dem ersten Anstieg entgegen. Die Einwohner von La Reid schauen uns mit Mitleid und doch auch Stolz unter ihren Regenschirmen heraus an. 
Der erste Anstieg.

Es geht direkt den Berg Nr. 20 Les Combles mit Ø 7,5 % Steigung hoch. Oben angekommen müssen wir abbremsen und uns mit unserem Trupp in den ersten kleinen Trail zwängen. Rechts und links Gartenmauern und in der Mitte Schlamm, Warnrufe von vorne "Attention left". Wir schauen beim Vorbeifahren auf die ersten Ausfälle am Wegesrand. Immerhin haben wir schon 2.300 m von 93.450 m geschafft. Der Trail öffnet sich wieder in einen breiteren Forstweg und sofort wird wieder eine 2-Reihenmarschordnung angenommen. Das Tempo wird deutlich erhöht und es bilden sich neue Trupps. Nach einer kleinen Abfahrt geht es den Bronromme hoch und danach scharf links in die Abfahrt. Doch die ersten bleiben mitten im Weg in einer Schlammfalle stecken, einer fällt vom Bike und verschwindet komplett in der von einem Waldfahrzeug zerwühlten Fahrbahn. Die nachfolgenden Kameraden weichen ohne zu zögern rechts und links in den Wald aus. Nun sucht sich jeder seinen eigenen Weg quer durch Tannenwald. Das Bild das sich hier ergibt, ist Wahnsinn. 50-60 Biker auf einer Breite von vielleicht 50 Meter brettern durch den Wald den Berg runter und wie in einem Kavaleriekriegsfilm fällt hier und da ein Kamerad unter Schmerzensschreien an einem Baum hängend vom Bike. 
Fight...

Unten angekommen schaue ich mich nach Moni um, sie ist direkt hinter mir. Also weiter, auf einem Trail wieder hoch – runter durch einen Schlammbach und durch einen Fluss. Irgendwo habe ich Moni verloren und bleibe stehen, ich schaue in den Bach und da kommt ein Fahrradhelm und eine Trinkflasche angeschwommen. Neben mir ein Belgier, er bekommt Gänsehaut, was kommt da noch auf uns zu? 

Zu schnell für die Sportografen...

Endlich erscheint Moni, bis zur Unkenntlichkeit mit Dreck verschmiert. Zusammen geht es wieder einen Trail bergan, doch auch hier verlieren wir uns im Schlammgewühl wieder. Mit einem kleinen Trupp stoße ich etwas weiter Fluss aufwärts auf die nächste Furt. Einigen geht es nicht schnell genug bei der Überquerung und sie wollen noch rechts und links vorbei. Schwupps sind 3 Fahrer samt Bikes im Wasser verschwunden, ein Fahrrad hält sich etwas länger oben, ich vermute "KSK" (=Karbon statt Kondition)!  Nun geht es richtig hoch. Ein nasser schlammiger Steintrail mit Ø 10% Steigung. Oben angekommen lasse ich den noch kleineren Trupp ziehen und warte auf Moni. Eine gefühlte Ewigkeit später taucht sie aus dem Wald auf. Wir schauen uns an, der Blick sagt „Kuhkacke“, doch der Körper ist schon wieder am Strampeln, vorwärts immer weiter vorwärts. 
Auf den Schlammwegen gab es keine gerade Linie.

Das Oberkommando hat zum Glück entlang der Marschroute Gefahrenstellen und Berge mit Schildern markiert und so kommen wir am Schild mit der Aufschrift „Cote 16, Le Haftei, Ø 10%“ vorbei. Durch den gesamten Trupp geht ein Ruck, denn jeder weiß nach diesem Berg gibt es ein Verpflegungszelt. Hier angekommen beschließen Moni und ich, dass jeder für sich alleine kämpfen wird. Also kurzer Schlammschmatzer und ich lasse Moni am Truppenrückzugspunkt 1 zurück. Ich ziehe das Tempo an, um mich einem neuen Trupp anzuschließen. 
Schaltwerk...ade!

Es vergeht kaum ein Kilometer, ohne verzweifelte Kameraden mit technischen Pannen am Wegesrand. In jedem Trail kann man Stürze beobachten, quer durch den Wald ertönt ständig das Martinshorn. Kaum hat man sich an den Fahrstil einer Gruppe gewöhnt, rutscht einer im Schlamm aus, zerreißt ein knackiger Anstieg das „Wir-Gefühl" oder ein scharfkantiger Stein sorgt für eine Panne. Verluste sind jedenfalls überall und ständig zu beklagen. Unser Trupp bewegt sich Richtung Hodbomont, um das dortige Schloss zu sichern. Vorne haben 2 Frauen die Führung der Truppe übernommen, es geht scharf links in einen Trail. 

Absolut geniale Strecke!

Wer rein fährt und bremst, hat schon verloren. Bremsen geht hier nicht, mutig durchrollen oder rutschen. Alles andere lässt der Schlammtrail mit dem drohenden Abgrund nicht zu. Und schon passiert es vorne, der Weg knickt leicht nach rechts ab, die Truppenleaderin bremst und rutscht in den Abgrund. Zu meiner Überraschung fahren die folgenden Helden einfach weiter. Erst der Kollege vor mir hält an, um zu helfen. Wir helfen der Kameradin wieder auf den Weg, doch ihr Schlachtross hat jeden Lebenswillen unten im Tal verloren. Der nun deutlich kleinere Haufen fährt weiter Richtung Schloss und wird vom Schlossherr und seiner Familie frenetisch mit Töpfen, Pfannen und Glocken zum zügigen Voranrücken angetrieben. Jetzt noch einen Anstieg und in Tancremont am Truppenzelt wieder alle Verpflegungstaschen und Flaschen auffüllen. 
der Wald

Die Wege werden gefühlt einfacher, doch auch das scheint nur meine eigene Einschätzung zu sein. Immer wieder kommen mir schiebende Biker mit hängenden Köpfen und technischen Defekten entgegen. Ich habe endlich 2 Kameraden gefunden, die technisch wie konditionell zu mir passen. Gegenseitig machen wir uns Mut und nehmen sobald es die Piste zulässt richtig Fahrt auf. 

Leider trennen sich unsere Wege abrupt an einem Schild, das zum ersten Mal die Strecke in die 70er und 90er Passagen teilt. Also alleine weiter. Am Ende einer langen Schotterabfahrt sehe ich einen Trupp stehen. Beim langsamen Ranrollen sehe ich schon den rot gefärbten Schlamm am Bein eines Fahrers. Seine Kollegen zeigen mir mit Daumen hoch aber an, das es für mich nichts zu tun gibt. Es geht die Steigungen 9 und 8 hoch und durch Theux. Selbst die Nationalstraßen werden für die Velohelden gesperrt.
Frank am Château de Franchimont

Die 3. Verpflegungsstation ist nahe, doch steht der Aufstieg zum Château de Franchimont mit Ø 12,5 % noch zwischen mir und der ersehnten Stärkung. Die Truppenverpflegung ist perfekt und in unglaublichen Massen vorhanden. 
Château de Franchimont

Ein Betreuer spricht deutsch und fragt wo die anderen bleiben. Überrascht über die Frage erkläre ich ihm, dass ich gefühlt irgendwo im hinteren Mittelfeld fahre. Er meint, dass könne nicht sein. Es wären noch keine 400 Fahrer zusammen mit der 70er Runde durchgekommen und das müssten immerhin insgesamt 972 Fahrer sein. 
Moni am Château de Franchimont

Im Kopf gehe ich überschlägig alle Personen durch, die ich irgendwo am Wegesrand stehend oder liegend gesehen habe und komme auf knappe 50-70, aber nicht auf mehrere Hundert. Na was soll´s: Ab in den Sattel und weiter. Trail an Trail und maximal mal 500 m als Zubringer ein Forstweg und schon wieder Trails. Durch die Senke bei Polleur und über eine uralte Steinbrücke dem nächsten Anstieg entgegen. Erneut über die A27 und die brutalen Anstiege Nr. 3 Chêne de la Vierge und Nr. 2 Le Staneux mit jeweils über 10% bewältigt und nach der Abfahrt an Verpflegungsstand Nr. 4 zur Obstaufnahme. 

Immer wieder brutale Anstiege

Hier lasse ich die Verpflegung aber fast liegen, nur eine Orangenhälfte und weiter geht es. Immerhin gibt es nur noch einen Anstieg von den insgesamt 20 zu bewältigen. Also ran an den Anstieg Nr. 1. Den Letzten mit 7% auf einer Länge von 1.500 Metern. Doch die werden nun locker mit der Gewissheit es gleich geschafft zu haben, weggedrückt. Doch zu meiner Überraschung geht es nun erneut in eine Abfahrt und diese spuckt mich unten in Spa an der Route de National 62 aus. Hundert Meter vor der Nationalstraße fängt mitten im Wald ein Streckenposten an die Kameraden im Tal mittels Trillerpfeife über meine Ankunft zu informieren und als ich unten ankam, haben diese extra für mich die Nationalstraße gesperrt. 
Moni ca. 1 Kilometer vor dem Ziel

Doch die Freude darüber hält nur kurz an, denn nun entdecke ich ein Schild mit der Aufschrift Berg NUMMER 00 mit 1.200 m und Ø 9,5 % Steigung und Rampen mit 15%. Wo gibt es so was? Berg Nr. 00?!? Nun gut, hoch muss ich. Egal wie ich mich darüber aufrege, dass ich die Streckenbeschreibung nicht genau gelesen habe. Denn da steht der Anstieg Nr. 00 drin. Doch Kämpfer, die es bis hier hin geschafft haben, brechen nun innerlich zusammen und bauen mich damit auf, denn meine Beine können noch. Mein Zureden auf deutsch verstehen wohl die wenigsten und ich fahre noch an einigen vorbei.
Victory

Endlich sehe ich das Truppensammellager oben im Wald und die Zielanzeige spuckt die Angaben Platz 138 GS / AK 47 aus. Ich bin etwas überrascht, doch so gut durchgekommen zu sein oder wo sind die anderen Biker? Ich warte auf Moni, es kommt mir ewig vor. Immer wieder kommen vereinzelte Biker im Ziel an. Herzlichst lachen kann keiner mehr. Ich muss mir eingestehen, dass ich zu keiner Zeit daran Zweifel, dass Moni noch kommen wird. Die Technik beherrscht sie, die Kondition und den Willen besitzt sie ebenfalls, aber wo bleibt sie? 

12. bei den Belgischen MX - Meisterschaften - Monika Janzen

Und dann kommt sie nach 7:27 Std. strahlend aus dem Wald gefahren und als 181 GS / 12 AK überquert sie die Ziellinie.

Wir haben es mal wieder geschafft, was diesmal 2/3 nicht geschafft haben. Und da es so wenig Deutsche auf der Langstrecke nach 93 Kilometer und 2.400 Höhenmeter überhaupt geschafft haben, den Hometrail zu verteidigen nenne ich sie diesmal Namentlich.

Bei den Damen:

Monika Janzen GS 181;  AK 12


Bei den Herren:

Werner Portugal GS 31; AK 15



Ulrich Trostorf GS 105; AK 5



Wolfgang Hilgers GS 123; AK 28



Frank Eggert GS 138; AK 47




Unsere Wochenendausbeute

Veranstaltungs HP
Ausgewählte Bilder der Veranstaltung 2007-2013
Insc.: 644, Part.: 445, Classés: 227 = Klartext-von 644 sind 227 gewertet
Streckenverlauf
Campingplatz Spa d'Or

4 Kommentare:

  1. so geil, hab ich mich gerade krumm gelacht. berg 00 ist der absolute kracher, voll geil.

    glückwunsch an euch beide und die anderen kameraden. :-)

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    1. Berg 00, so nenne ich nun jeden "letzten" Anstieg...

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  2. Eurer Blog ergheitert mich jede Woche aufs neue!!
    Zudem motiviert er mich zunehmends meine Dame in unseren super Sport zu integrieren.
    Was so bestimmt bis Bilstein funktioniert.
    Ich habe Ihr nämlich einfach mal ein schönes Hardtail gekauft und siehe da ... Sie ist begeistert

    Allerliebste Grüße aus Borken(Hessen) von Marko, Stefan und meiner Jenny "Jesus Racing Team" ;-)

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    1. Hiho ihr Drei, schön von euch zu lesen. Hätte gerne noch ein Weizen mit euch in Girlsberg getrunken, doch dann kam Moni und ich musste mich um sie kümmern, danach wart ihr schon auf und davon.
      Bilstein werden wir wohl nicht starten können da ich an diesem Wochenende Bereitschaft habe.
      Denke wir werden Jenny aber bei einem der nächsten Rennen noch kennen lernen. Jenny, nur MUT, wir Männer sind schlechter als du dir vorstellen kannst und fahren nur am Start so "cool"...lach

      Gruß Moni und Frank

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